Selbsterfüllende Prophezeiung

Eine selbsterfüllende Prophezeiung beschreibt die Erwartung, dass eine zukünftige Situation ein bestimmtes, vorhersehbares Ergebnis hat. Eine Person verhält sich so, dass dieses Ereignis eintritt und beeinflusst damit das eigene Verhalten und Erleben, sowie das andere Personen.

Beliefs, stärkende und schwächende, basieren in der Regel auf eigenen Erfahrungen, oder Rückmeldungen durch Eltern und andere Bezugspersonen. Beliefs können auch als generalisierte Attributionen beschrieben werden. Die Attribution einzelner Erfolgs- oder Misserfolgserfahrungen wird auf andere Situationen übertragen und wird so zu einer scheinbar nicht mehr zu verändernden Wahrheit.

Wie wirkt die selbsterfüllende Prophezeiung?

Dadurch ändert sich auch die Wahrnehmung des Coachee. Wenn er von etwas überzeugt ist, werden er eher auf Dinge achten, die diese Überzeugung belegen, als solche, die dagegen sprechen. Dadurch ändert sich gleichzeitig auch das Verhalten des Coachee. Allein die Erwartung, dass er beim nächsten Mal in einer Stresssituation wieder versagen wird, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass er unbewusst alles tut, damit das auch eintritt. Außerdem beeinflusst er damit indirekt auch das Verhalten anderer: Er wirkt vielleicht unsicher, wenig selbstbewusst oder angreifbar.

Diese Idee wird selbsterfüllende Prophezeiung genannt: Eine Person verhält sich (in der Regel unbewusst) so, dass ein bestimmtes vorhergesehenes Ereignis eintritt. Das bezieht sich insbesondere auf das Verhalten anderer Menschen. Durch das eigene Verhalten löst der Coachee also bestimmte Verhaltensweisen und erwartete Reaktionen bei anderen aus. Menschen unterschätzen in der Regel, welchen Einfluss sie tatsächlich auf die Situation haben und das Verhalten andere Perosnen haben (Attribution). Sie übersehen die Wirkung, die das eigene Verhalten auf Andere hat und auf die gesamte Situation.

Die selbsterfüllende Prophezeiung wird zur selbstzerstörende Prophezeiung.

Die selbsterfüllende Prophezeiung funktioniert auch umgekehrt, sie wird dann selbstzerstörende Prophezeiung genannt. Dabei verhält sich eine Person so, dass die Erwartung gerade nicht in Erfüllung geht. Auch diese Idee können Sie für das Coaching nutzen: Was wäre, wenn ihr Coachee alles dafür tut, das etwas, das er erwartet nicht, nicht eintritt?

Ein klassisches Experiment wurde 1966 von den Psychologen Robert Rosenthal und Leonore Jacobson durchführt. Sie haben Lehrkräften von öffentlichen Grundschulen die Information gegeben, dass wissenschaftliche Tests ergeben hätten, welche 20 % der SchülerInnen ihrer Klasse sich in nächsten Zeit intellektuell erheblich weiterentwickeln würden. Obwohl die 20 % willkürlich ausgewählt wurden und der vermeintliche Unterschied zwischen normalen und besonders begabten Kindern nur den Lehrkräften bekannt war, war das Ergebnis nach einem Jahr verblüffend: Die 20 % der Kinder, von denen die LehrerInnen ausgingen, dass sie ihre Leistung verbessern würden, schnitten bei einem Intelligenztest erheblich besser ab. Die Erwartung der LehrerInnen, welche Kinder ihre Leistung verbessern würden, führt also zu einer tatsächliche Leistungssteigerung, die sich sogar mit einem Intelligenztest messen ließ. Dieser sogenannte Rosenthal-Effekt wurde in vielen weiteren Studien belegt. Tatsächlich reduziert sich der Effekt aber, wenn die LehrerInnen die Schülerinnen und Schüler gut kennen, und sich schon ein eigenes Urteil gebildet haben.

Quellen und weiterführende Literatur

Rosenthal, R. & Jacobson, L. (1966). Teachers’ Expectancies: Determinants Of Pupils’ IQ Gains. Psychological Reports, 19, 115–118.

Wer schreibt hier?

Johannes ist Professor für Wirtschaftspsychologie in Stuttgart und Geschäftsführer der ich.raum GmbH. Er schreibt auf ichraum.de zu den Themen Coaching, Führung und Psychologie.

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