Kognitive Dissonanz beschreibt den inneren Widerspruch zwischen Erleben und Verhalten. Das löst eine Veränderung aus und ist deshalb eine Coaching-Methode (Coaching-Tool Beliefs ärgern) um Beliefs zu verändern.
Im Coaching werden Sie immer wieder feststellen, dass es für einen Coachee nicht einfach ist, die eigenen Überzeugungen und Erklärungsmuster in Frage zu stellen. Menschen empfinden es als unangenehm, wenn sich Wahrnehmung und Überzeugung widersprechen oder die eigene Meinung und das eigene Verhalten nicht zusammenpassen.
Dieses unangenehme Gefühl nennt der Sozialpsychologe Leon Festinger kognitive Dissonanz. Die Hauptidee der Theorie der kognitiven Dissonanz ist, dass Menschen bestrebt sind konsistent zu sein. Ich strebe also einen Zustand an, in dem Erleben und Verhalten widerspruchsfrei ist. Kommt es zu einer Dissonanz, dann versuche ich, diesen Zustand zu verändern, weil ich mich unwohl fühle.
Was ich im ich.raum Coaching Modell als ein Prozess der Persönlichkeitsentwicklung beschrieben ist, bezieht sich i der Theorie der kognitiven Dissonanz auch auf kurzfristigere Prozesse. Vereinfacht gesagt kann man das so beschreiben: Kognitive Dissonanz tritt auf, wenn sich zwei Gedanken widersprechen. Dann bin ich bestrebt, die Dissonanz, die ich als unangenehm erlebe, zu reduzieren. Je stärker die Dissonanz ist, also je größer der Widerspruch zwischen zwei Gedanken, desto stärker ist der Druck, die Dissonanz zu reduzieren. Dann muss ein Gedanke verändert werden, um die Dissonanz zu beseitigen. Für das Coaching bedeutet das: Wenn Ziele, Werte und Beliefs im Einklang miteinander sind, dann fühlt sich ein Mensch gut, die eigene Persönlichkeit wird als kongruent wahrgenommen. Andernfalls kommt es zu einer kognitiven Dissonanz. Das Ziel ist nun, diese Dissonanz zu vermeiden. Das wird Dissonanz-Reduktion genannt: Sie suche einen neuen Rahmen, um die Widersprüche zu integrieren.
Die Forschungen von Leon Festinger zur kognitiven Dissonanz haben in den 1950er Jahren ihren Anfang genommen. Zu dieser Zeit formierte sich in Wisconsin in den USA eine Sekte um Marian Keech, die behauptete, eine Nachricht von Außerirdischen erhalten zu haben. Ein große Flut werde alle Menschen töten, und nur die Mitglieder der Sekte könnten überleben und mit fliegenden Untertassen entkommen. Leon Festinger war „Undercover“-Mitglied der Sekte, und beobachtete die sozialen Prozesse und entwickelte nach eigenen Angaben darauf aufbauend die Theorie der kognitiven Dissonanz. Als die große Flut ausblieb, mussten sich die Sektenmitglieder alternative Erklärungsmodelle suchen, um die entstehende kognitive Dissonanz zu reduzieren. Sie interpretierten das Ausbleiben der Flut als Ergebnis der eigenen Gebete.
Kognitive Dissonanz entsteht, wenn sich zwei Gedanken widersprechen. Das ist z.B. der Fall, wenn Sie eine Entscheidung getroffen haben, und danach Informationen so bewerten, dass Ihre Entscheidung nicht in Frage gestellt wird. Außerdem führt Dissonanz dazu, dass Sie Informationen selektiv bewerten, also vor allem auf Informationen achten, die eine einmal getroffene Entscheidung unterstützen. Kognitive Dissonanz entsteht auch, wenn Ihr Verhalten und Ihre Einstellung nicht zueinander passen. Dann werden Informationen nicht wahrgenommen oder abgewertet, die Bedeutung des Verhaltens heruntergespielt oder eine alternative Erklärung gesucht (z.B. „Ich hatte keine andere Wahl.“)
Wie entsteht kognitive Dissonanz
Kognitive Dissonanz entsteht in vier Schritten.
- Sie nehmen Verhalten und Einstellung, oder zwei Gedanken, als widersprüchlich wahr.
- Sie haben freiwillig gehandelt, sind also selbst verantwortlich.
- Sie sind physiologisch erregt und nehmen die Dissonanz als unangenehm wahr.
- Sie interpretieren oder erklären Ihre Erregung mit dem eigenen Verhalten.
Aus diesen vier Schritten ergeben sich vier Strategien, die Menschen anwenden, um kognitive Dissonanz zu vermeiden:
- Informationen selektiv verarbeiten und dadurch den Widerspruch abschwächen.
- Alternative Erklärungen für das Verhalten finden.
- Physiologische Erregung abschwächen (z.B. durch Alkohol oder nervöse Bewegungen).
- Alternative Erklärung für die Erregung finden.
Kognitive Dissonanz kann ein Mensch nicht ignorieren. Um das ungute Gefühl zu ändern, muss er die Dissonanz reduzieren. Das Coaching-Tool Beliefs ärgern macht sich diese Idee zunutze. Dabei stellt der Cochee einer Situation, in der ein Belief Wahrnehmen und Verhalten beeinflusst, eine andere Situation entgegen, in welcher der Belief nicht aktiv war. Dabei sollten die Situationen, die der Coachee gegenüberstellt, vergleichbar sein. Wenn der Belief z.B. heißt: „In stressigen Situationen verliere ich den Überblick!“, dann benötigt der Coachee den Gedanken an eine Situation, in der es ihm gelungen ist, trotz Stress den Überblick zu behalten. Damit kann er kognitive Dissonanz erzeugen. Zwei Gedanken“ treten gegeneinander an“, und der Coachee wird angeregt, in Frage zu stellen, ob der Belief immer und überall gilt. Im nächsten Schritt ergibt sich daraus Veränderung.
In der Markt- und Werbepsychologie wird die Theorie der kognitiven Dissonanz seit vielen Jahren angewendet, um Kaufverhalten von Kunden zu untersuchen und im nächsten Schritt zu beeinflussen. Eine bekannte Methode ist die Foot-in-the-door-Technik. Stellen Sie sich jemanden vor, der Ihnen an der Haustüre etwas verkaufen will, oder Sie von etwas überzeugen möchte. Wenn jemand schonmal den Fuss in der Tür hat, dann werden Sie ihn nicht mehr los. Statt „gleich mit der Tür ins Haus zu fallen“, werden Sie deshalb zunächst um einen kleinen Gefallen gebeten, oder Sie erhalten ein Angebot, dass Sie nicht ausschlagen können. Weil Sie Menschen sich konsistent verhalten möchten, und kognitive Dissonanz vermeiden, erhöht das die Wahrscheinlichkeit, dass Sie auch dem eigentlichen Verkaufsangebot wohlwollend gegenüberstehen.
Quellen und weiterführende Literatur
- Festinger, L., Riecken, H. W. & Schachter, S. (1956). When Prophecy Fails: A Social and Psychological Study of a Modern Group that Predicted the Destruction of the World. University of Minnesota Press.
- Prior, M. (2002). MiniMax-Interventionen. Heidelberg: Carl-Auer-Systeme Verlag.