Die digitale Revolution: Wie verändert sich Lernen und Arbeiten?

Verstärkt durch die Verfügbarkeit von mobilen Geräten, die Kommunikation zu jeder Zeit und von überall aus ermöglichen, führt das Web 2.0 zu einer digitalen Revolution. Die technologischen Möglichkeiten und die damit verbundene Nutzung des Internets verändern Lernen und Arbeiten grundlegend und haben damit hohe gesellschaftliche Relevanz. Individuen beteiligen sich an der gemeinsamen Weiterentwicklung von Wissen und profitieren gleichzeitig von der großen Menge an weltweit verfügbarem Wissen. Diese Weisheit der Massen macht z. B. die umfangreiche und qualitativ hochwertige Online-Enzyklopädie Wikipedia möglich. Lernen passiert selbstgesteuert und problemorientiert, es entstehen übergreifende soziale Netzwerke, die nicht mehr nur lokal bedeutsam sind, z. B. innerhalb einer Schule. Die Möglichkeit, unterschiedliche Inhalte miteinander zu verknüpfen, zu strukturieren, Beziehungen und Gegensätze zu erkennen und so neues Wissen zu konstruieren, generiert einen Mehrwert.

Hierfür wird oft der Begriff Emergenz verwendet (Johnson, 2001). Neben diesen positiven Visionen werden allerdings zunehmend auch die negativen Seiten des Web sichtbar: Fake-News verbreiten sich rasant, „hate speech“ ist ein häufiges Phänomen in Internetforen, Personen arbeiten nicht nur an Wikis oder Blogs, in denen es das Ziel ist, Inhalte neutral und objektiv darzustellen, sondern auch an Umgebungen, die das Ziel haben, einseitig zu beeinflussen. Damit wird klar sichtbar: Das Web 2.0 ist mehr als eine Technologie, die den einfachen Austausch von Informationen und Wissen ermöglicht. Die soziale Dimension des Web 2.0 – die Möglichkeiten für Kooperation und Interaktion – führt in vielen gesellschaftlichen Bereichen zu Veränderungen (Cress, Moskaliuk & Jeong, 2016). So wird das Potenzial des Web 2.0 für den Erwerb und die Kommunikation von Wissen und die damit verbundene digitale Revolution in Bezug auf die Veränderungen, die sich für Schulen, Hochschulen, Unternehmen und Organisationen ergeben, breit diskutiert (vgl. Moskaliuk, 2008).

Insbesondere im Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, nicht nur im Informationssektor, auch in den Bereichen Dienstleistung und Produktion, ist die Nutzung des Web 2.0 z. B. für Werbung und PR, interne und externe Kommunikation, nutzerzentrierte Produktentwicklung oder Support deshalb zentral. Auch die Konsequenzen für die Schule sind vielfältig: Die Schülerinnen und Schüler gehören zu einer Generation, die sich eine Welt ohne digitale Medien nicht mehr vorstellen kann. Als Digital Natives nutzen sie das Web 2.0 selbstverständlich, und sind zumindest im Privaten auch kompetent im Umgang mit digitalen Medien. Ob und wenn ja unter welchen Voraussetzungen diese Kompetenzen sich auch auf die lernrelevante Nutzung z. B. innerhalb des Unterrichts übertragen lassen, ist noch zu diskutieren. Studien wie ICILS (Bos et al., 2014, zu Computer- und informationsbezogenen Kompetenzen) oder PISA 2015 (zum kollaborativen Problemlösen) zeigen, dass hier durchaus noch große Defizite herrschen und die vermeintlichen Digitale Natives noch nicht so kompetent sind, wie zunächst vermutet (Kirschner & De Bruyckere, 2017). Nicht zuletzt sind Herausforderungen dieser Entwicklung zu nennen, z. B. im Blick auf die psychische und physische Gesundheit, auf die Kommunikation oder die Gewaltbereitschaft. Ebenso bleibt offen, welche gesellschaftlichen Konsequenzen sich aus den großen Unterschieden ergeben, die in Bezug auf die kompetente Mediennutzung zu beobachten sind (z. B. die Diskussion zur Digital Divide, vgl. Buchem, 2011).

Von Wikipedia bis Facebook 

Die Zahl der im Web 2.0 verfügbaren Werkzeuge und Dienste ist beinahe unbegrenzt. Jedes Jahr kommen neue Werkzeuge dazu, die sich auch für Lernen und Lehren in der Schule nutzen lassen. Deshalb soll hier nur ein kurzer Überblick über grundlegende Angebote gegeben werden, die genannten Produkte oder Marken sind dabei jeweils stellvertretend für eine Klasse von Werkzeugen oder Diensten zu sehen.

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  • Ein Wiki ist eine Webseite, die von den Nutzerinnen und Nutzern nicht nur betrachtet, sondern auch einfach verändert werden kann. Wikis ermöglichen so die einfache Zusammenarbeit auf Basis eines gemeinsamen Dokuments. Die Online-Enzyklopädie Wikipedia basiert auf der Wiki-Technologie.
  • Blogs oder Weblogs sind virtuelle Tagebücher, auf denen einzelne Personen oder ein Team in chronologischer Reihenfolge Beiträge veröffentlicht. Die einzelnen Beiträge und Blogs können sich dabei über Links oder Kommentare aufeinander beziehen. So entsteht eine übergreifende Blogosphäre. Auch der Kurznachrichtendienst Twitter ist von der Grundfunktionalität her als Blog zu bezeichnen. Wegen der Zeichenbeschränkung auf 280 Zeichen (bis Mitte 2017: 140 Zeichen) wird Twitter auch als Mikroblog bezeichnet.
  • Prototyp für ein soziales Netzwerk ist die Plattform Facebook, die sich ursprünglich an Studierende amerikanischer Hochschulen richtete. Analog zu den gedruckten Jahrbüchern hat jeder Nutzer und jede Nutzerin eine Profilseite, auf der Texte, Fotos und Videos geteilt werden können. Über Kommentare, den „Gefällt mir“-Button, sowie über private Nachrichten ist die Kommunikation miteinander möglich. Es gibt zahlreiche weitere soziale Netzwerke z. B. Instagram mit einem Fokus auf Bilder oder solche, die sich eher auf die berufliche Kommunikation beziehen z. B. XING und LinkedIn. Viele Werkzeuge oder Dienste im Netz werden mit Funktionen sozialer Netzwerke erweitert. So existieren z. B. auch in der Online-Enzyklopädie Benutzerprofile, die laufend aktualisiert und kommentiert werden, oder Möglichkeiten, mit den anderen Nutzerinnen und Nutzern zu kommunizieren.
  • Online-Repositories sind Plattformen für das Speichern und Verteilen von digitalen Inhalten. Nutzerinnen und Nutzer können hier eigene Inhalte hochladen und so ins Netz stellen. Beispiele sind die Plattformen YouTube für Filme, Flickr für Bilder oder SoundCloud für Musik und Podcasts. Auch Online-Repositories werden in der Regel um Funktionalitäten von sozialen Netzwerken erweitert, z. B. in dem die bereitgestellten Inhalte kommentiert oder „geliked“ werden können oder einzelne Nutzer (oder Kanäle) abonniert werden können.
  • Dienste wie WhatsApp oder Snapchat sind in erster Linie Kommunikationstools für die interpersonelle Kommunikation zwischen zwei oder mehr Nutzern. Sie werden in der Regel auf mobilen Geräten (Smartphones) genutzt und ersetzen zunehmend Kommunikationsmedien wie Telefon oder SMS.

[1] http://c4lpt.co.uk/top100tools/

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus: Moskaliuk, J. & Cress, U. (2018). Zukunftstrends Technologie: Vom Web 1.0 zum Web 4.0. In: K. Scheiter & T. Riecke-Baulecke (Hrsg.), Schulmanagement-Handbuch 165: Schule 4.0 – Rahmenbedingungen (S. 8 – 22). München: Oldenburg.

Wer schreibt hier?

Johannes ist Professor für Wirtschaftspsychologie in Stuttgart und Geschäftsführer der ich.raum GmbH. Er schreibt auf ichraum.de zu den Themen Coaching, Führung und Psychologie.

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