Warum schönes Wetter schlecht für’s Geschäft ist – 4 Studien und 1 Erklärung.

Schönes Wetter heute

Welchen Zusammenhang sehen Sie zwischen der eigenen Arbeitsproduktivität und dem Wetter? Diese Frage haben die Autoren einer Studie, die in der Fachzeitschrift Journal of Applied Psychology erschienen ist, knapp 200 Erwachsene gestellt. Der Großteil der Befragten ist sich sicher: Gutes Wetter steigert die Produktivität, schlechtes Wetter führt zu weniger Produktivität. Die Erklärung liegt nahe: Schlechtes Wetter führt zu schlechter Stimmung. Das hat negative Auswirkungen auf Planen, Entscheiden und Selbstregulation.

Um diesen Zusammenhang weiter zu untersuchen, haben die Autoren eine Reihe von Studien durchgeführt – mit erstaunlichen Ergebnissen: Bei Aufgaben, bei den es darum geht fokussiert und konzentriert zu arbeiten zeigt sich das genaue Gegenteil. Bei schlechtem Wetter steigt die Produktivität.

Dazu wurde eine Studie durchgeführt, mit Mitarbeitenden einer japanischen Bank, die auf Basis von Archiv-Daten Entscheidungen über die Vergabe von Krediten an Kunden treffen mussten. Die Mitarbeitenden gaben z.B. die Kontaktdaten des Kunden in eine Datenbank ein und weitere Informationen über die Kreditanfrage. Die Struktur der Aufgabe war klar vorgegebenen, sobald eine Kreditanfrage bearbeitet war, wurde den Mitarbeitenden automatisch die nächste Anfrage zugeteilt. Erfasst wurde für die Studie die Zeit, die jeweils für die Bearbeitung einer Kreditanfrage benötigt wurde, sowie die Wetterbedingungen (Niederschlag, Temperatur, Sichtweite). Das Ergebnis: Je mehr es regnete, desto schneller arbeiteten die Mitarbeitenden. Um genau zu sein: Pro Inch Niederschlag sank die Zeit, die pro Kreditanfrage benötigt um 1,3 %. Das wäre, als ob an einem Sonnentag von 100 Mitarbeitenden nur 99 arbeiten. Das Wetter hat aber nicht nur Einfluss auf die Arbeitsgeschwindigkeit. Bei schlechtem Wetter steigt auch die Genauigkeit. Bei Regen entdecken Versuchspersonen mehr Rechtschreibfehler in einem Text, den sie korrigieren sollen. Das konnten die Autoren in einer weiteren Studie zeigen.

Pack’ die Badehose ein

Die Autoren liefern auch eine Erklärung für diesen Zusammenhang: Bei guten Wetter fällt einem sofort ein, was man draußen alles machen könnte. Und das lenkt dann von der eigentlichen Arbeit ab. In zwei weiteren Studien zeigte sich, dass Versuchspersonen bei gutem Wetter spontan mehr Outdoor-Aktivitäten einfallen, die jetzt eine Alternative zur Arbeit wären. Diese Ablenkung und die damit verbundene sinkende Aufmerksamkeit, erklärt den gefundenen Effekt. Schlechtes Wetter führt dazu, dass Sie nicht ständig daran denken müssen, welche lohnenden Outdoor-Aktivitäten Ihnen gerade entgehen. Deshalb können Sie sich voll und ganz auf Ihre Arbeit konzentrieren.

Und jetzt?

Das Wetter lässt sich nicht beeinflussen. Außerdem gibt es wohl Faktoren, die einen größeren Einfluss auf die Arbeitsproduktivität haben, z.B. die Frage welche externen Anreize es gibt, oder welche impliziten Ziele und Werte mit einer Arbeitsaufgabe verbunden sind. Vielleicht ist es trotzdem sinnvoll, Arbeitsaufgaben, die eine hohe Konzentration und Fokussierung brauchen, auf Regentage zu schieben und an Sonnentagen eher kreativ zu arbeiten – oder bei Regen eine Stunde länger zu arbeiten als bei Sonnenschein. Die abschließende Empfehlung der Autoren kann man mit einem Schmunzeln zur Kenntnis nehmen: Bei der Standortwahl sollte man Standorte mit schlechten Wetterbedingungen wählen.

Lee, J. J., Gino, F., & Staats, B. R. (2014). Rainmakers: Why bad weather means good productivity. Journal of Applied Psychology, 99(3), 504-513.

 

 

 

Bei schlechtem Wetter steigt die Arbeitsproduktivität. Das zeigt eine aktuelle Studie. Mein Vorschlag: Bei Regenwetter eine Stunde länger arbeiten.

Wer schreibt hier?

Johannes ist Professor für Wirtschaftspsychologie in Stuttgart und Geschäftsführer der ich.raum GmbH. Er schreibt auf ichraum.de zu den Themen Coaching, Führung und Psychologie.

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